Die Triodos Bank ist in vielerlei Hinsicht besonders. Das gilt auch für ihre gesellschaftsrechtliche Struktur. Denn die Bank gehört einer Stiftung und gleichzeitig über 38.000 Privatpersonen und institutionellen Investoren.  Wie das geht, erklärt Josephine de Zwaan, die Vorsitzende des Stiftungsrats der SAAT, der Stiftung zur Verwaltung der Aktien der Triodos Bank.

Josephine, du  bist seit 2010 Mitglied des Stiftungsrats der SAAT, seit 2014 seine Vorsitzende. Wie kamst du dazu?
Mich verbindet eine langjährige Beziehung mit der Triodos Bank. Vor mittlerweile rund 20 Jahren wurde ich Kundin der Bank, als ich Anteile an einem ihrer nachhaltigen Fonds erwarb. Wenige Jahre später schlossen mein Mann und ich für unser erstes Kind, das kurz zuvor zur Welt gekommen war, einen Sparplan der Bank ab. Das haben wir später auch für unsere zwei weiteren Kinder und für ein Patenkind getan.

Bei einem Geschäftstermin, an dem ich 2009 als Aufsichtsratsvorsitzende eines Kunden der Triodos Bank teilnahm, lernte ich dann ihren Vorstandsvorsitzenden Peter Blom persönlich kennen. Er brachte mich wiederum in Kontakt mit dem damaligen Vorsitzenden des Stiftungsrats der SAAT, Jan Nijenhof. Damit wollte er mir die Gelegenheit geben, für mich eine potenzielle Rolle in der SAAT zu klären. In der darauffolgenden Zeit sprach ich noch mit weiteren SAAT-Stiftungsratsmitgliedern. Gemeinsam entschieden wir dann, dass der Stiftungsrat mich angesichts meiner tiefen Verbindung mit der Mission und den Werten der Triodos Bank für eine Mitgliedschaft in diesem Gremium vorschlagen würde. Nachdem auch Vorstand und Aufsichtsrat der Bank ihre Zustimmung gegeben hatten, stellte ich mich 2010 in der Jahresversammlung der Inhaber Aktienähnlicher Rechte der Triodos Bank zur Wahl und wurde letztendlich in den Stiftungsrat gewählt.

Diese „garantierte Unabhängigkeit“ ist aus Sicht der Triodos Bank im Interesse aller Stakeholder.

Als Rechtsanwältin bringe ich juristisches Wissen und Erfahrung sowohl aus dem öffentlichen Sektor als auch aus der Privatwirtschaft mit und habe zudem spezielle Corporate-Governance-Kenntnisse.

Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Triodos Bank mit der SAAT als alleinige Aktionärin, die wiederum Aktienähnliche Rechte an Privatpersonen und institutionelle Investoren ausgibt, ist zwar in den Niederlanden ein bekanntes Konstrukt, in Deutschland aber nicht. Was sind ihre Vorteile?
Die Bank als Institut ist dadurch vor einer Übernahme und ihre Mission vor einem signifikanten Einfluss durch Partikularinteressen  geschützt. Diese „garantierte Unabhängigkeit“ ist aus Sicht der Triodos Bank im Interesse aller Stakeholder, seien es die Inhaber Aktienähnlicher Rechte, die Kunden, die Kreditnehmer oder die Mitarbeiter der Bank. Als nichtbörsennotierte Bank  kann die Triodos Bank sich auch auf eine langfristige Perspektive konzentrieren. Sie ist in ihrer täglichen operativen Arbeit und strategischen Planung nicht zu „Quartalsdenken“ gezwungen und wird auch nicht beeinflusst von „der Emotionalität  der Börse“. Gesellschaftliche Veränderung, wie sie die Triodos Bank unterstützen und fördern möchte, braucht diese langfristige Perspektive.

Was für eine Rolle hat die SAAT?
Die SAAT ist alleinige Aktionärin der Triodos Bank und wird in dieser Rolle durch drei Prinzipien geleitet: Erstens die Unabhängigkeit der Bank zu sichern; zweitens die wirtschaftlichen Interessen der Inhaber Aktienähnlicher Rechte zu vertreten, für die es unser Bestreben ist, sie stets in Einklang mit den Interessen der Bank zu bringen; und drittens die Mission der Bank zu bewahren. Als Aktionärin fokussieren wir uns durch das Befolgen dieser Prinzipien auf die mittel- bis langfristige Entwicklung der Triodos Bank.

Betonen sollte ich vielleicht, dass die SAAT nicht mit dem Aufsichtsrat der Triodos Bank zu verwechseln ist. Der Aufsichtsrat ist, wie auch bei einem herkömmlichen Aktienunternehmen, Teil der Bank. Er überwacht ihre strategische Ausrichtung und das operative Tagesgeschäft. Er kontrolliert und begleitet den Vorstand. Bei der Triodos Bank hat er natürlich – genau wie die SAAT – seine Aufgabe unter besonderer Berücksichtigung der Mission der Bank zu erfüllen und im Interesse aller Stakeholder zu handeln. Die SAAT ist im Gegensatz zum Aufsichtsrat allerdings in ihrer Rolle als Aktionärin naturgemäß nicht Teil der Bank, sondern stellt Kapital zur Verfügung und nutzt ihr Stimmrecht bei der Hauptversammlung.

Die SAAT sucht natürlich aktiv den Dialog mit den Inhabern Aktienähnlicher Rechte in ganz Europa. Wichtig ist uns dabei die Qualität des Dialogs. Man muss allerdings ehrlicherweise zugeben, dass die Inhaber Aktienähnlicher Rechte stärker den direkten Dialog mit der Bank suchen. Das sieht man unter anderem daran, wie intensiv sie ihr Rederecht bei der Hauptversammlung der Bank nutzen, obwohl sie hier kein Stimmrecht haben.

In deiner Rolle triffst du viele Inhaber Aktienähnlicher Rechte in ganz Europa. Wie erlebst du sie? Was ist den Inhabern Aktienähnlicher Rechte wichtig?
Die Inhaber Aktienähnlicher Rechte, die in der großen Mehrheit Privatpersonen sind,  empfinden eine starke Verbundenheit mit der Mission der Triodos Bank und haben ein großes Interesse an ihrer langfristigen Entwicklung. In unseren Gesprächen merken wir immer wieder: Der finanzielle Ertrag ist oft zweitrangig, die sozioökologische Rendite ist den Inhabern Aktienähnlicher Rechte meist wichtiger. Denn sie sind sehr interessiert an Umweltthemen, sozialer Verantwortung und kulturellen Fragen und engagieren sich oft auch selbst aktiv dafür. Sie wollen konsequenterweise Geld als Mittel für echte gesellschaftliche Veränderung einsetzen.

Allgemein kann man wohl sagen, dass die Inhaber Aktienähnlicher Rechte in der Regel drei zentrale Fragen beschäftigen: Welche Rolle kann die Triodos Bank auf einer makroökonomischen, politischen Ebene spielen, um gesellschaftlichen Wandel zu fördern? Welchen Beitrag kann die Triodos Bank im Speziellen zu einer Transformation des Bankwesens leisten hin zu mehr Nachhaltigkeit, Diversität und Stabilität? Und: Welche Rolle kann die Triodos Bank in den einzelnen Sektoren, die von ihr finanziert werden, spielen?

Interessant ist: Im Zusammenhang mit der letzten der drei Fragen fordern die Inhaber Aktienähnlicher Rechte von der Bank immer wieder, speziell für Unternehmen, die sich in einem Übergangsstadium zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell befinden, Finanzierungen anzubieten. Dieser Impuls wird von dem Vorstand der Triodos Bank sehr ernst genommen, die praktische Umsetzung ist allerdings komplex. Denn wie würde die Bank mit einem Unternehmen umgehen, das – aus welchen Gründen auch immer – die Umstellung auf Nachhaltigkeit nicht zu Ende führt? Ein einmal vergebener Kredit ist vonseiten der Bank nicht so einfach wieder zu kündigen. Trotzdem bleibt es ein Ziel der Triodos Bank, darauf Antworten zu finden. Entsprechend finden darüber auch intensive, spannende Diskussionen innerhalb der Triodos Bank statt.

Was wünschst du dir für die Zukunft der Triodos Bank?
Ich wünsche mir, dass die Triodos Bank ihre Mission weiter lebt. Dass sie sich trotz zunehmender Regulierung die Wachheit bewahrt, relevante Fragen und Herausforderungen in unserer Gesellschaft zu erspüren und aufzugreifen. Wir sind als Gesellschaft mittlerweile an die Grenzen eines quantitativen Wachstums gestoßen, jetzt brauchen wir qualitatives Wachstum. Ich wünsche der Triodos Bank neben der Wachheit Mut und Inspiration, um diesen systemischen Wandel zu begleiten.

Meine Hoffnung konkret für die SAAT ist, dass wir unsere Rolle in einer inspirierenden, professionellen und angemessenen Art und Weise erfüllen, dadurch unseren Beitrag zur Mission und Entwicklung der Triodos Bank leisten und zeigen, dass die gesellschaftsrechtliche Struktur der Triodos Bank einen klaren Mehrwert hat.

Josephine de Zwaan (geb. 1963), Vorsitzende des Stiftungsrats der SAAT

Josephine-de-Zwaan

Die Niederländerin Josephine de Zwaan wurde 2010 erstmals in den Stiftungsrat berufen. Ihre derzeitige Amtszeit endet 2020. Josephine de Zwaan arbeitete über 13 Jahre als Anwältin mit Schwerpunkt auf großen Immobilientransaktionen. In den letzten fünf Jahren dieser Tätigkeit war sie Partnerin bei CMS (Derks Star Busmann), wo sie ein Expertenteam für Immobilienrecht leitete. Sie ist dort zwar mittlerweile nicht mehr als Anwältin tätig, als Beraterin aber noch immer mit der Kanzlei verbunden. Seit 2000 hatte Josephine de Zwaan verschiedene administrative und Aufsichtsfunktionen inne, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitswesen und im Kulturbereich.