Zwei panierte und gegarte Schweineschnitzel, insgesamt 300g Fleisch, kosten bei einem großen deutschen Discounter derzeit 1,99 Euro. Das kann nicht sein. Es ist Zeit, die tatsächlichen Kosten von Lebensmitteln – und nicht nur davon – offenzulegen.

Zwei panierte und gegarte Schweineschnitzel, insgesamt 300g Fleisch, kosten bei einem großen deutschen Discounter derzeit 1,99 Euro. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, der Markt regelt die Preisfindung automatisch und gerecht, sagt die klassische Ökonomie. Das stimmt nicht. Wir müssen über den Preis reden.

Kurzfristig zahlen wir an der Discounterkasse 1,99 Euro. Doch langfristig ist der Preis viel höher. Unser aktuelles Wirtschafts- und Preissystem lässt die Auswirkungen auf Mensch, Tier und Planeten – etwa die Effekte auf Gesundheit, Klima oder Wasserqualität – außer Acht.

Der wahre preis
Quelle: https://www.bund.net/

Zurück zum Schnitzel: Der BUND hat im vergangenen Jahr die “wahren” Kosten für 200g konventionell erzeugtes Schweineschnitzel aufgezeigt. Rund 1200 Liter Wasser fallen dafür an, 650g CO2-Äquivalente, 130g Soja oder andere Futtermittel. Hinzu kommen die Kosten für die Reparatur der Umweltschäden, die durch Agrargroßbetriebe entstehen (etwa Nitratbelastung des Wassers, CO2-Ausstoß) und die Kosten für gesundheitliche Folgen des hohen Einsatzes von Antibiotika für die Menschen. Darüber hinaus kommt – unbezifferbar – das Leid der Tiere.

Die Finanzprüfer von Ernst & Young (EY) und die Nachhaltigkeitsberater von Soil & More haben, mitfinanziert von der Triodos Bank, im Juni eine Pilotstudie zur Ermittlung dieser “wahren” Kosten veröffentlicht. Sie enthält eine Methode für kleine und mittlere Unternehmen der Lebensmittelbranche, die versteckten Kosten mithilfe eines Dashboards zu ermitteln. Zur Veranschaulichung der Methode haben sie die positiven und negativen Effekte von Eosta, einem der weltweit führenden Handelsunternehmen für Bio-Obst und -Gemüse, berechnet.

Eine der zentralen Feststellungen der Studie betrifft die unterschiedlichen Effekte von biologischen und nicht biologischen Produkten auf die Gesundheit, die monetisiert wurden. Dafür wurden biologische Äpfel von Eosta aus Argentinien mit nicht biologischen Äpfeln, ebenfalls aus dem südamerikanischen Land, verglichen. Das Ergebnis: Die gesundheitlichen Folgekosten der nicht biologischen Äpfel (etwa durch die Belastung mit Pestiziden) liegen bei 0,19 Euro pro Kilo. Das heißt: Pro Kilo konventionell erzeugter Äpfel zahlt die Gesellschaft fast 20 Cent an Folgekosten. Wenn man jetzt überlegt, wie viele nicht biologisch angebaute Äpfel weltweit gegessen werden, ergibt sich alleine dafür eine enorme Summe.

Mehr zu den “wahren” Kosten von Lebensmitteln

Die Lebensmittelindustrie ist bei weitem nicht der einzige Wirtschaftszweig, bei dem die “wahren” Kosten verschwiegen werden. Es betrifft alle Wirtschaftszweige im Kapitalismus. In der Textilbranche ist das Problem neben der Lebensmittelindustrie am bekanntesten. Viele konventionelle Textilien werden in Ländern des globalen Südens unter miserablen Arbeitsbedingungen und Zulasten der Umwelt produziert. Die Autoindustrie ist nicht zuletzt durch den Dieselskandal in den Fokus gerückt. Die “wahren” Kosten von Diesel stehen nicht auf dem Preisschild der Tankstellen, sie zeigen sich in der Gesundheit von uns Menschen und in unserer Umwelt.

Es ist einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen, aber natürlich gibt es in der Finanzbranche genauso versteckte Kosten, wie in anderen Sektoren. Eine konventionelle Bank veröffentlicht nicht genau was sie mit den Einlagen ihrer Kunden macht, ob sie damit beispielsweise einen Discounter finanziert, ein fragwürdiges Textilunternehmen oder ein Kohlekraftwerk. In der Finanzbranche können die “wahren” Kosten sogar besonders hoch sein, da die Hebelwirkung gewaltig ist: Banken stehen enorme Summen zur Verfügung, die sie in Form von Krediten (oder leider auch Finanzspekulationen) weitergeben.

Andererseits kann die Hebelwirkung auch positiv genutzt werden. Genau das tun wir bei der Triodos Bank, in dem wir dem positiven Wandel Kredit geben. Was wir dank des Geldes unserer Kunden erreichen können, veranschaulichen wir zum Beispiel in unserem Wirkungsbericht.

Wieder zurück zum Schnitzel: Wie wäre es in einem ersten Schritt damit – ähnlich wie bei Tabak – einen Warnhinweis auf der Verpackung anzubringen, der über die „wahren“ Kosten der Fleischproduktion informiert? Dann könnten wir vielleicht endlich auf breiter Ebene über den Preis reden.