Mit Modedesignerin Magdalena Schaffrin sprachen wir im Interview über nachhaltige Mode, einen Trend, der gar nicht mehr so neu ist und den Takt und die Gepflogenheit der Modewelt infrage stellt. Dabei erhielten wir auch Antworten darauf, was Mode eigentlich nachhaltig macht und ob nachhaltige Mode eine Zukunft hat.

Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, sich mit nachhaltiger Mode zu beschäftigen?
Es gab kein Schlüsselerlebnis. Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, das sich schon mit nachhaltigem Leben beschäftigt hat. Ich habe dann entschieden, Modedesign zu studieren und mich erst mal nur mit Mode zu beschäftigen. Nach dem Studium habe ich über die Modebranche recherchiert und bin dann wie jeder andere auch, der sich damit beschäftigt, auf die schrecklichen Zustände in der Modeindustrie gestoßen. Ich wollte nicht die Energie, Kraft und Zeit meines Lebens in diese Industrie stecken, die so viel Leid und Umweltverschmutzung verursacht. Da es damals wenige Labels gab, die modisch-attraktiv und nachhaltig waren, habe ich dann mein eigenes Label gegründet.

Mode lebt von Kurzlebigkeit, von Aktualität und Wandel ─ wie schaffen Sie es, Mode und Nachhaltigkeit zusammenzubringen?
Das ist eine Bewusstseinsgeschichte. Ich habe beim Material angefangen. Man kann ja einfach eine ganz normale Kollektion aus nachhaltigen Materialien machen. Dann bin ich zwangsläufig auf das Thema Zeit und die Rhythmen in der Mode gekommen. Klar ist: Nachhaltigkeit und der schnelle Wechsel in der Mode sind ein großer Kontrast. Daraufhin habe ich angefangen, über Qualität nachzudenken. Wenn ich mich nachhaltig in der Mode positionieren möchte, geht das nicht, ohne die Qualität in den Vordergrund zu stellen und langlebige Kleidungsstücke zu entwickeln. Das schneidet dann auch den Luxusbegriff an. Qualität ist einer der Aspekte von Luxus. Luxus bedeutet heute nicht mehr überdimensionierten Konsum, sondern die Zeit zu haben, Dinge zu genießen.

Wann genau ist Mode denn eigentlich nachhaltig?
Nachhaltige Mode ist ein komplexes Thema, weil die textile Kette sehr lang und sehr global ist. Kurz zusammengefasst sind fünf Bereiche wichtig: Material aus biologischer Erzeugung. Dass es den Menschen gut geht, die in der ganzen textilen Kette arbeiten. Der Bereich Recycling von Fasern und Stoffen. Das Engagement dafür, dass altes textiles Wissen, Muster und Ähnliches nicht verloren gehen. Und schließlich der Bereich des Konsumenten, also die Fragen, wie viel und wie oft ich konsumiere, wie ich mit der Kleidung umgehe, wie lange ich meine Kleidung trage.

Warum produzieren heute nicht schon mehr Modehersteller ökosozial?
Es ist einfach mit mehr Anstrengung verbunden und mit mehr Zeit, die man investieren muss, um seine Zulieferer zu kontrollieren. Dass nicht mehr Modefirmen das umsetzen, hat schlicht und ergreifend mit Geld- und Profitstreben zu tun. Wir haben eine Veränderung des Modemarktes in den letzten 30 Jahren, hin zu großen Firmen wie H&M, Mango, Zara usw., die die Philosophie verfolgen, immer mehr in immer kürzeren Zeiträumen zu immer niedrigeren Preisen zu verkaufen. Das macht es schwierig, sich auf eine andere Wertentwicklung zu besinnen. Im Moment bilden die meisten Preise gar nicht den realen Wert von Klamotten ab. Ein T-Shirt für 2,95 Euro steht in keinem Verhältnis zu den Arbeitsschritten, die da drinstecken.

Was tut sich zurzeit im Markt für nachhaltige Mode aus und in Deutschland?
Der Markt ist definitiv noch in der Nische. Es gibt aber immer mehr Brands, die sich neu gründen. Es findet ein Bewusstseinswandel bei der jüngeren Generation statt, für die es bei der Gründung eines neuen Labels Sinn macht, gleich unter nachhaltigen Aspekten zu starten. Und zum anderen stellen auch die großen Firmen ihre Produktion um, weil viele Skandale öffentlich geworden sind. Es geht heute eigentlich nicht mehr, dass sich eine Firma damit brüstet, wie billig und schnell sie produziert. Im Prinzip sind alle großen Modefirmen an dem Thema dran und haben mittlerweile eine CSR-Abteilung, die an wichtigen Entscheidungen in der Firma mitwirkt.

Und wie sieht die Zukunft für nachhaltige Mode aus?
Meiner Meinung nach gibt es für die Zukunft keinen anderen Weg als die Produktionen umzustellen. Ob sich jetzt das Modebusiness an sich komplett dreht, also nur noch auf Qualität geachtet wird und die Rhythmen verlangsamt werden, das wage ich zu bezweifeln. Aber zum einen ist es schon so, dass auch die Politik aktiv wird und die Menschen in den Produktionsländern mehr darauf schauen, was in der eigenen Umwelt passiert. Zum anderen gibt es einen Bewusstseinswandel in unserer Gesellschaft, der alle Lebensbereiche betrifft. Das sind lauter Anzeichen für mich, die mir Hoffnung machen, dass wir das Business verändern können.

Ist nachhaltige Mode teuer, oder anders gefragt, kann sich jeder nachhaltig kleiden?
Es ist natürlich klar, dass mehr Kosten in den Produktionsschritten anfallen, wenn man Kleidung nach sozialen und ökologischen Richtlinien herstellt. Es wäre Aufgabe der Konzerne, die Kalkulation in der Kollektion zu verschieben, das heißt, weniger in Marketing und mehr in die Produktion und in das Material zu investieren. Dann müsste sich der Preis von Kleidung eigentlich nicht ändern. Ich denke schon, dass sich jeder nachhaltige Kleidung leisten kann. Es muss ja nicht gleich komplett sein, man kann zum Beispiel mit T-Shirts anfangen. Und ich muss auch nicht jede Woche ein T-Shirt kaufen, sondern ich kaufe mir besser eines, das ein bisschen mehr kostet und das ich länger trage. Es wird am Ende günstiger sein, wenn man weniger bessere Sachen als viel Mist kauft. Eigentlich möchte man ja das Designerteil, aber da es viel zu teuer ist, kauft man sich die billige Kopie, die aber von schlechter Qualität ist und die dann nicht so lange hält. Vielleicht ist es besser, wenn ich das kaufe, was ich wirklich will und es auch länger trage und dann auch ein emotionales Verhältnis dazu habe. sr


Magdalena Schaffrin gründete nach dem Modedesignstudium ihr Label *magdalena schaffrin, unter dem sie bis 2011 zeitlose Männer- und Frauenkollektionen aus ökologischen Materialien verkaufte. Zurzeit ruht das Label, denn Magdalena Schaffrin konzentriert sich voll und ganz auf die Organisation und Durchführung des GREENshowroom und der Ethical Fashion Show Berlin, die während der Berliner Fashion Week stattfinden. Zudem gibt sie ihr Wissen über Eco Fashion als Dozentin an verschiedenen Hochschulen an den Modenachwuchs weiter. Die Modedesignerin ist Geschäftskundin bei der Triodos Bank ─ und das sehr gerne, wie sie bei unserem Gespräch betonte.