Konventionelle Messgrößen für den Erfolg eines Unternehmens oder auch einer Volkswirtschaft sind schlichtweg mangelhaft. Impact-Berichterstattung gewinnt an Bedeutung. Aber Achtung: Die Bemessung von Wirkung lässt sich nicht auf ein vereinfachtes und damit unvollständiges Bild reduzieren.
Die Messung von Wirkung ist ein häufig diskutiertes Thema in der Impact Investment-Branche. Oft wird versucht, Wirkung „so einfach wie möglich“ in wenigen Messgrößen abzubilden, die es den Anlegern erleichtern sollen, „Wirkung“ ebenso zu vergleichen wie Finanzergebnisse. Doch ebenso wie Unternehmensergebnisse unserer Meinung nach kein vollständiges Bild vermitteln, glauben wir auch, dass die Bemessung von Wirkung sich nicht auf ein vereinfachtes und damit unvollständiges Bild reduzieren lässt.
Ein fehlerhaftes Bild
Der Finanzsektor ist seit jeher auf Zahlen, Prozentsätze und Indikatoren fixiert, anhand derer die komplexe Finanz- und Wirtschaftswelt in wenigen Messgrößen dargestellt werden soll. Unserer Ansicht nach ist dies eine zu vereinfachte Darstellungsweise einer komplizierten Realität.
Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene schreiben beispielsweise traditionelle wirtschaftliche Grundsätze oder Dogmen vor, dass Wachstum und Wohlstand rein monetär betrachtet am Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes abzulesen sind. Dabei handelt es sich jedoch um eine sehr einseitige Messgröße, die allenfalls einen Hinweis auf die wirtschaftliche Entwicklung bietet, wichtige Aspekte wie Wohlergehen und Zufriedenheit jedoch unberücksichtigt lässt. Hinzu kommt, dass viele Faktoren beim BIP außen vor gelassen werden. So bildet das BIP beispielsweise nicht den tatsächlichen Preis der Produktion ab. Ebenso wird Umweltschäden nicht Rechnung getragen. Robert Kennedy hat das BIP bereits 1968 in Frage gestellt, indem er darauf hinwies, dass dabei nicht gemessen wird, was wirklich wichtig ist: “Es misst alles, bis auf die Dinge, die das Leben lebenswert machen.”
Auf mikroökonomischer Ebene, im Geschäftsumfeld und auf Unternehmensebene gilt genau dasselbe. Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens werden leider noch immer an nur zwei Messgrößen festgemacht: Wachstum und finanzieller Gewinn.
Als Impact Investor strebt Triodos Investment Management eine Veränderung auf drei verschiedenen Ebenen an: in einzelnen Unternehmen, Sektoren und schließlich der Wirtschaft im Ganzen. Wir möchten dazu beitragen, unser derzeitiges Wirtschaftssystem in ein nachhaltiges System zu verwandeln, in dem Erfolg nicht nur an finanziellem Wohlstand gemessen wird, sondern ebenfalls – oder besser stattdessen – am Wohlergehen der Menschen.
Mehr zur Wirkung der Triodos Bank
Wir verstehen Finanzierungstätigkeit als Transformationsprozess und definieren sie als die Lenkung von Geldern in einer Weise, die Menschen und Umwelt langfristig zugutekommt. Das bedeutet, wir bauen langfristige Beziehungen zu unseren Portfoliogesellschaften und anderen Interessengruppen auf, und über unsere Funktion als Kapitalgeber hinausgehend möchten wir Möglichkeiten eröffnen und Inspiration liefern. Die wichtigste Wirkung, die wir mit jeder einzelnen unserer Anlagestrategien erzielen möchten, ist ein positiver Einfluss unserer Investmentaktivitäten für Gesellschaft und Umwelt. Unser Ziel ist es, beides zu schützen und zu verbessern und dabei solide finanzielle Renditen zu erzielen. Darum glauben wir, dass eine qualitative Sichtweise bei der Bemessung von Wirkung und der Berichterstattung über Wirkung ebenso wichtig ist wie eine quantitative.
Um unser Leitbild greifbar werden zu lassen und einen Eindruck davon zu vermitteln, inwieweit wir unserem Anspruch gerecht werden, erzählen wir die Geschichten, die das Gesamtbild vermitteln. Diese Geschichten liefern den wichtigen Kontext und Hintergrund für unsere Aktivitäten und zeigen die Arbeit, die hinter unseren Bemühungen steckt.
Höhere Zahlen bedeuten nicht unbedingt mehr Wirkung
Die quantitativen Messgrößen vervollständigen das Bild. Für den Triodos Organic Growth Fund beispielsweise, der langfristig und im Einklang mit dem Leitbild Private Equity-Kapital für führende ökologische und nachhaltige Unternehmen im europäischen Verbrauchersektor bereitstellt, sind Kennzahlen wie „Jahresumsatz“, „Umsatzkosten“ und „prozentualer Anteil des ökologischen Produktangebots“ keine eigentlichen Ziele, sondern Gesichtspunkte, an denen sich ein Gesamtbild nachhaltiger Produktion und nachhaltigen Konsums ablesen lässt. Gemeinsam mit den Berichten über die verschiedenen Unternehmen in unserem Portfolio – von denen jeder eine ganz eigene Geschichte erzählt – vermitteln diese Zahlen einen Eindruck von der Wirkung, die wir mit unserer Investmenttätigkeit erzielen. Wir stellen keinen Vergleich mit den Zahlen des Vorjahres an, da höhere Zahlen nicht unbedingt mehr Wirkung bedeuten. Die Finanzierung eines relativ kleinen Anbieters im Sektor für biologische Lebensmittel, der einen innovativen und zukunftsweisenden Ansatz verfolgt, um dessen Marktanteil zu erhöhen, kann beispielsweise eine größere Wirkung erzielen als die Finanzierung eines größeren Unternehmens in einem reifen Markt. Ausführlichere Beispiele für die Erfassung qualitativer und quantitativer Faktoren bei der Berichterstattung über Wirkung finden sich in unseren Wirkungsberichten von 2016.
Eine andere Sichtweise
Wenn wir unsere Art und Weise, wie wir „Erfolg“ auf gesamtwirtschaftlicher und Unternehmensebene bemessen, nicht ändern, werden wir uns weiterhin an den falschen Ergebnissen orientieren. Dogmen sind per Definition unumstößlich. Doch es gibt positive Entwicklungen, sowohl im Hinblick auf Alternativen zum BIP als auch hinsichtlich ganzheitlicherer Methoden zur Bemessung und Meldung der finanziellen Entwicklung eines Unternehmens. Die New Economic Foundation in Großbritannien beispielsweise ersetzt in ihrer Arbeit das BIP durch fünf andere Messgrößen: gute Arbeitsplätze, Wohlergehen, Umwelt, Fairness und Gesundheit. Ein weiterer Indikator ist der Bruttonationalglück-Index in Bhutan.
Auf organisatorischer Ebene wird viel dafür getan, das Konzept einer einzigen Zahl, die ein vollständiges Bild vermitteln soll, abzulösen. Dies zeigt sich in Entwicklungen wie dem Konzept des True Cost Accounting, bei dem die gesamten Kosten und Vorteile eines Produkts ersichtlich werden, oder der integrierten Berichterstattung. Das Bewusstsein, dass eine Veränderung der Methodik zur Erfassung von wirtschaftlichem Wachstum und Entwicklung notwendig ist, wächst.
Im Hinblick auf das Thema Investment müssen wir einsehen, dass Einfachheit, sowohl bei der Bemessung und Meldung von Finanzergebnissen als auch von Wirkung, eine Illusion ist. Denn, um mit einem Zitat von Albert Einstein zu enden, “nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt.”
Vielen Dank für den Kommentar!
Zur Veröffentlichung des Kommentars bitte den Link in der E-Mail anklicken.