In der Corona-Pandemie geht es darum, menschliches Leben zu schützen. Das hat oberste Priorität. Deshalb heißt es jetzt für uns: zu Hause bleiben. Schon jetzt hat die Stilllegung des öffentlichen Lebens extreme Auswirkungen auf die Wirtschaft weltweit. Dauern die Einschränkungen drei Monate an, rechnet das ifo-Institut mit einem Rückgang des deutschen BIP um ein Fünftel. Zwar versucht die Politik die Wirtschaft durch gewaltige Rettungsschirme zu schützen, stellt aber das System nicht infrage. Dabei werden dessen Schwächen in der Krise sichtbar wie nie zuvor.

Wir als Nachhaltigkeitsbank glauben, dass jetzt der Moment ist, um neu über unsere Art des Wirtschaftslebens nachzudenken und rufen zur Diskussion auf. Folgende fünf Gedanken haben uns beschäftigt:

Bäcker statt Banker

Aufgrund der Corona-Krise fürchten Bauern in Deutschland Ernteausfälle, war in vielen Zeitungen zu lesen. Der Grund dafür: Erntehelfer – insbesondere aus osteuropäischen Ländern – können nicht mehr ins Land und den Spargel stechen oder die Erdbeeren pflücken. Wir lagern eine essentielle Tätigkeit für unsere Gesellschaft an Saisonkräfte zu Dumpinglöhnen aus. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt darüber nachzudenken und nicht nur die Arbeit eines Erntehelfers zu würdigen (auch finanziell). In anderen für uns extrem wichtigen Bereichen gibt es leider ähnliche Entwicklungen. Was sind die wirklich systemrelevanten Berufe für unsere Gesellschaft, Bäcker oder Banker? Christian Felber sagt, dass jetzt der Zeitpunkt sei, den Primärsektor aufzuwerten.

Regionalität statt Globalisierung

Die Corona-Krise wirft einen Schatten auf die internationalen Verflechtungen, sie zeigt die Kehrseiten der Globalisierung. Für Medikamente beispielsweise kann es zu Lieferengpässen kommen, weil sie großteils in Indien oder China produziert werden. Vielleicht führt die Pandemie dazu, dass die Globalisierung teilweise zurückgedreht wird. Aus Sicht der Nachhaltigkeit wäre das sicherlich keine schlechte Entwicklung.

Ein anderer Aspekt: Um die Wirtschaft vor Ort zu stärken, sollten wir gerade jetzt im Buchladen um die Ecke einkaufen (geht meist auch online!) und nicht bei Amazon. Gleiches gilt natürlich auch für unsere täglichen Lebensmittel.

Regulierung statt Deregulierung

Mit sogenannten Leerverkäufen wetten Hedgefonds in großem Stil auf fallende Aktienkurse und profitieren so von der Corona-Krise in Milliardenhöhe. Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass im Finanzsektor weiterhin viel schiefläuft. Hier braucht es kluge Regulierung statt Deregulierung. Wie das gehen könnte, zeigt zum Beispiel Gerhard Schick. Als Nachhaltigkeitsbank setzen wir uns dafür ein, dass Banken dem Wohl von Menschen dienen – und eben nicht Kasse machen mit ihrem Leid.

Einkommen statt Arbeit

„Am oberen Ende richten sich die Denkarbeiter im Homeoffice ein und hadern mit der Qualität der Videokonferenzen. Und am unteren Ende wissen viele nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen.“ Dieses Zitat stammt aus einem Artikel von „Zeit Online“ und beschreibt die Verschärfung der sozialen Ungleichheit durch eine Krise wie die derzeitige. Während die meisten „Denkarbeiter“ vermutlich gut durch die Krise kommen werden, sind Soloselbständige, Friseure oder auch Restaurantbetreiber existenziell bedroht. Wenn nicht jetzt, wann dann wäre der Zeitpunkt für ein bedingungsloses Grundeinkommen reif? Eine Petition dafür gibt es schon.

Kreislauf statt lineares Wachstum

Um Krisen zu überstehen, braucht es Resilienz. Der globale Kapitalismus, den wir heute haben, scheint mit Blick auf die Corona-Krise nicht besonders stressresistent zu sein – in Bezug auf die Klimakrise erst recht nicht. Statt linearem Wachstumsstreben, könnte jetzt der Zeitpunkt für den Umbau des Systems in eine Kreislaufwirtschaft sein. Sie ist definitiv nachhaltiger und sehr wahrscheinlich auch resilienter.

Ein Gutes hat das Virus in unseren Augen schon mit sich gebracht: mehr Menschlichkeit. Letzteres spiegelt sich in den vielen Nachbarschaftsinitiativen wider – zum Beispiel wenn für potentiell gefährdete Mitmenschen eingekauft wird.