"Was genau macht es so schrecklich?", fragte mein Sohn vor ein paar Tagen beim Frühstück. Er saß in seinem Froschkostüm am Tisch, fertig verkleidet für die Faschingsparty in der Schule. Seine Frage bezog sich auf den Krieg in der Ukraine, klar. Und es war eine ziemlich gute Frage, so kindlich sie zunächst klingen mochte.

Das "Schreckliche", mit dem ich von Berufswegen konfrontiert bin, ist wirtschaftlicher Natur: die Auswirkungen auf das Weltgeschehen, auf Finanzmärkte und Investments. Darüber wurde bereits jede Menge gesagt und geschrieben. Dennoch – so wichtig all unser Wissen ist, so technokratisch und vor allem losgelöst ist es vom Wesentlichen, da es nur die rein finanziellen Auswirkungen beleuchtet. Dabei wirkt sich unsere Wirtschaft momentan zunehmend auf die Herzen der Menschen aus. Und daran ist weder eine Naturkatastrophe noch eine Pandemie Schuld, sondern vielmehr die Tatsache, dass 2022 wieder einmal Macht korrumpiert.

Aber mit diesen Gedanken hätte ich meinem Sohn sicher nicht weitergeholfen. Herr Frosch brauchte eine konkrete Antwort, die es auf den Punkt bringt. So etwas wie "Wenn jemand nicht tut, was ich will, dann muss ich ihn erschießen", oder "Wenn mein Hund nicht Sitz macht, bringe ich ihn um". Ja, mein Sohn, genau das macht es so schrecklich – diese vollkommen sinnlose Machtpolitik, die einzig den Mächtigen Genugtuung bereitet und dem Rest der Bevölkerung nichts als Leid bringt. Erst Kanonenfutter, dann Armut. Das kennen wir ja schon aus der Geschichte, oder?

Das Tragische an der Sache ist, dass wir im Westen, insbesondere in Europa, so naiv waren, wirtschaftliche Gewinne über Frieden und Sicherheit zu stellen. So kollidierte unser Leitbild der freien, effizienten Märkte mit dem Leitbild anderer Länder wie Russland. Was Putin antreibt, sind persönliche Befindlichkeiten und Machtstreben. Wirtschaft ist hier nur das Mittel.

Und genau an dieser Stelle müssen wir umdenken – und Wirtschaft ebenfalls als Hebel sehen. Aber einen Hebel für das Gute, für Frieden und Sicherheit. Einfach, indem wir nur finanzieren, was gut für uns ist und ausschließen, was zur Bedrohung werden kann. Wir müssen begreifen, dass Märkte an sich keinen Wert darstellen und stets nur nach dem Billigsten und Effizientesten streben – während sie massive Schwachstellen aufweisen, die im Widerspruch zu unseren menschlichen Werten stehen. Was bedeutet das für uns? Ökonomische Kriegsführung in einem längst vergessenen Kampf? Zumindest sollten wir uns unabhängig machen von Ländern, denen wir nicht trauen können. Und durch eine möglichst autarke Energie- und Rohstoffversorgung zu der so wichtigen Stabilität finden.

Ich weiß, Ökonomen sind Befürworter des Freihandels. Ich auch. Doch wenn unzuverlässige Partner genau das missbrauchen, haben wir keine andere Wahl, als unseren Frieden über den materiellen Wohlstand zu stellen. Denn ohne Frieden verlieren wir alles. Und das ist das wirklich Schreckliche am Schrecklichen. Vor allem für einen 10-jährigen Frosch. Aber ich bringe es nicht übers Herz, ihm das so zu sagen.