Es ist sehr inspirierend, Geld in etwas zu stecken, was wirklich wichtig ist.

Das Interview findet mit den Geschäftsführenden Riëlla Hollander von TRMC, Léonhard ten Siethoff, Triodos Foundation und Liesbeth Soer von Catalytic Investments im Bürogebäude der Triodos Bank auf De Reehorst statt.

Warum war es für die Triodos Bank wichtig das TRMC zu gründen?

Riëlla: „Während unsere Welt mit immensen Problemen konfrontiert wird, klammern wir uns nach wie vor an ein Finanzsystem, das ein Renditedenken in den Vordergrund stellt. Wir wissen heute, dass dies die Erde auslaugt, den Klimawandel begünstigt und die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert. Es ist höchste Zeit unsere Wirtschaft so zu transformieren, dass der Planet an erster Stelle steht und die Gesellschaft gestärkt wird. Eine Wirtschaft, die regeneriert. Soziale Rendite hat höchste Priorität, unter Umständen (eine Zeit lang) auf Kosten der finanziellen Rendite. Das ist, was wir als Menschheit wirklich brauchen."

Léonhard: „Das ist zwar nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Der Mensch hat die Gesellschaft und unsere Wirtschaft geschaffen und kann sie daher auch verändern und stärken. Dies erfordert eine andere Sichtweise auf Geld. Wenn man aber die Interessen der Gesellschaft in den Vordergrund stellt, dürfen Spendengelder und katalytische Gelder nicht fehlen; man braucht sie als Impuls für positive Veränderungen. Schließlich ist nicht jede neue Initiative sofort profitabel."

Riëlla: „Dieses Finanzsystem zu verändern, war schon immer unser Ziel. Aus diesem Grund haben wir vor 40 Jahren die Triodos Bank gegründet. Dabei stießen wir auf Initiativen, die wir wegen ihrer enorm positiven Wirkung gerne unterstützt hätten, auf die aber die traditionellen Finanzkriterien nicht anwendbar waren. Für das Triodos Regenerative Money Centre haben wir diese Kriterien angepasst. Wir unterstützen fabelhafte Initiativen, die skalierbar oder replizierbar und sehr inspirierend sind, in dem Vertrauen, dass diese Initiativen letzten Endes zu profitablen Unternehmen führen werden.“

Die Mission der Triodos Bank lautet: „Make money work for positive change". TRMC trägt zu dieser Mission bei und komplettiert die Triodos Bank und Triodos Investment Management.

Was genau machen Sie?

Riëlla: „Wir vergeben Kredite und investieren in bahnbrechende und wegweisende Initiativen mit dem Ziel, unsere Gesellschaft und unseren Planeten zu regenerieren. Außerdem unterstützen wir soziale Initiativen, auch wenn der Ausgang unsicher ist oder sich nicht direkt in wirtschaftlichem Wert ausdrücken lässt."

Liesbeth: „Damit komplettieren wir die Triodos Bank und Triodos Investment Management. Wir leisten Pionierarbeit mit neuen Modellen, die das Potenzial besitzen, den Kurs einer ganzen Branche zu verändern und damit eine echte transformative Kraft haben. Das Geld, das dazu verwendet wird, ist von anderer Qualität: Geld, das frei verfügbar gemacht wird, um diese radikal positiven und transformativen Initiativen zu ermöglichen.“

Was meinen Sie mit dem Begriff regenerativ?

Liesbeth: „Im Moment sieht man, dass die Dinge im natürlichen und sozialen (Öko-)System nicht im Gleichgewicht sind. Wir wollen nicht nur wiederherstellen, was verschwunden ist, sondern auch die Gesellschaft und die Natur wieder ins Gleichgewicht bringen, damit sie sich selbst ständig erneuern können. Wenn ein lebendiges System im Gleichgewicht ist, ist es von Natur aus regenerativ und belastbar."

Welche Art von Projekten unterstützen Sie und wie entscheiden Sie, ob Sie sich engagieren oder nicht?

Riëlla: „Als Triodos Bank konzentrieren wir uns auf vier Themen, bei denen wir auf der Grundlage unserer Erfahrungen und Erkenntnisse eine Vision definiert haben, wo und wie wir das System zu einem ausgewogeneren System hin verändern möchten: Soziale Inklusion, Ernährung und Natur, erneuerbare Energien und die Rolle des Geldes in der Gesellschaft.

Mit dem TRMC unterstützen wir Initiativen in diesen Bereichen, die dazu beitragen, Transformationen zu beschleunigen. Oder auch Initiativen und Vorreiterprojekte, die diesen Systemwechsel begünstigen, die skalierbar oder replizierbar sind und andere inspirieren, indem sie Einblicke vermitteln oder Beispiele setzen. Zum Beispiel, indem ein neuer Weg eingeschlagen, ein Hemmnis beseitigt oder etwas wiederherstellt wird, wofür Wirtschaft und Regierungen nicht zuständig sind (oder dem sogar entgegenstehen)."

Liesbeth: „Oftmals haben sie ein innovatives Geschäftsmodell und immer einen bestimmten Regenerationszweck. Die Idee von Catalytic Investments ist, dass das Geld wieder hereinkommt und immer wieder eingesetzt werden kann. Wenn das aber unsicher ist, passt besser eine Spende."

„Was wir suchen, sind Hebelpunkte - Schlüssel, die das ganze System in Bewegung setzen. Mit der ‚Topinambur-Initiative‘ zum Beispiel stellen wir den Landbesitz beim Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem in den Mittelpunkt. Teures Ackerland ist ein Bottleneck und schreckt Landwirte ab, die eine naturverträgliche Landwirtschaft betreiben wollen. Durch den Kauf von Land, das in eine Stiftung eingebracht wird, und die Verpachtung an Landwirte zu einem Preis, der sich an den Erträgen des Landes orientiert, wird diesen die Möglichkeit gegeben, den Boden auf natürliche Weise zu bewirtschaften und so die Biodiversität zu fördern. Indem wir das Land auch nicht mehr verkaufen, sondern immer wieder verpachten, schaffen wir ein nachhaltiges System für Lebensmittel auch für zukünftige Generationen. Das ist eine radikal andere Sichtweise auf das Problem mit dem Potenzial, den Kurs einer ganzen Branche zu verändern."

Können Sie weitere Beispiele nennen?

„Ein Torfmoor in Finnland zum Beispiel, das für die Samen, eine indigene Volksgruppe, existenziell ist. Durch den Torfabbau wurde dieses Gebiet ausgetrocknet. Mit Hilfe unserer Finanzierung wurde dieses Moorgebiet von einer lokalen Organisation gekauft, die erste Schritte zur Wiederherstellung des Ökosystems unternahm. So kann sich das Moor wieder zu einem aktiven, lebendigen Ökosystem wandeln, das CO2 speichert und gleichzeitig die Lebensweise der Samen unterstützt.“

„Ein weiteres Beispiel ist die aktuelle Initiative, der Natur eigene Rechte zu geben. Naturschutzgebiete haben in unserem System keine eigene Stimme. Die Einräumung eigener Rechte könnte zur Wiederherstellung und zum Schutz der Natur beitragen. Wenn die Natur ihre eigenen Rechte hat, kann man nicht so einfach eine Autobahn durch sie hindurch bauen, wie es jetzt zum Beispiel beim Landgut Amelisweerd zu geschehen droht. Auch das ist eine bahnbrechende, andere Denkweise.“

Léonhard: „Natürlich wissen wir nicht immer, mit welchem Ergebnis wir rechnen können. Es ist vielmehr die Idee der positiven Entwicklung, die an erster Stelle steht. Wir haben nicht auf alles eine Antwort, aber wir schauen uns den Mehrwert der Idee an und welche Form der Finanzierung (Spende oder katalytisch) dazu passt; und natürlich bleiben der Initiator und wir selbst eng eingebunden und nutzen unser eigenes Wissen und Netzwerk, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen."

Liesbeth: „Die Vision der Initiatoren ist dabei sehr wichtig. Die muss uns überzeugen. Wenn sie mit unserer Vision und Mission übereinstimmt und uns die Menschen hinter der Initiative begeistern, schließen wir uns gerne an und unterstützen sie mit allem, was wir zu bieten haben: Geld, Wissen, Netzwerk und Beratung."

Riëlla: „Es geht um die Intention hinter der Idee. Sie muss klar und gut sein."

Wie reagieren andere Finanzinstitute auf Ihre Vision?

Liesbeth: „Unterschiedlich. Einige begreifen die Idee und teilen unseren Enthusiasmus, andere halten uns für verrückt. Wir müssen dann andere Worte finden und auch Fragen stellen, um einen Weg zu finden, wie wir ihre Gedanken mit unseren eigenen in Einklang bringen können. Übrigens wurden wir vor 40 Jahren auch belächelt, als wir die Triodos Bank gründeten."

Riëlla: „Ich war lange Zeit im ‚Investmentbanking‘ tätig. Wenn ich mit ehemaligen Kollegen spreche, stelle ich fest, dass es wirklich befreiend sein kann, auf diese andere Weise zu denken. Außerhalb der Grenzen des derzeitigen Banken- und Anlagesystems und außerhalb der einseitigen Fokussierung auf finanzielle Renditen. Das tun, worauf es wirklich ankommt.”

Leonhard: „Da das Triodos Regenerative Money Centre als Geschäftszweig der Triodos Bank operiert, können wir zeigen, dass Bankgeschäfte, Investitionen und Spenden eng miteinander verknüpft sind und ihre eigene Funktion erfüllen: Der bewusste Einsatz von Geld für den positiven Wandel.