Unter dem Motto „Don’t be evil“, „Sei nicht Böse“ ging 2004 das Tor zu einer neuen, vermeintlich besseren Welt an die Börse: die Suchmaschine Google. Marktanteil inzwischen: mehr als 90%. Google wurde vom sympathischen Start-Up zur steuer-vermeidenden Datenkrake. Auch die anderen Digitalkonzerne haben ihr Image ruiniert.

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Seuche Infodemie

Das Informationsparadies wächst uns über den Kopf. Eine unüberschaubare Menge an Informationen könne sich negativ auf die Gesundheit auswirken, befindet die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Informationsflut verstärke Stress und Sorgen. Und sie bringe Menschen womöglich dazu, gefährlichen Ratschlägen zu folgen. Im Iran sind 2020 mehr als 700 Menschen gestorben, weil sie nach Falschinformationen Methanol zum Schutz vor Corona eingenommen haben. Einen Namen hat die neue Seuche auch schon: die Infodemie. Diese lässt die WHO seit Sommer 2020 erforschen und bekämpfen. Ein Ziel: Die Menschen sollen lernen,  „gute von schlechten Quellen zu unterscheiden.“ Auch sucht die WHO nach Wegen, „Missverständnisse durch kulturelle Verschiedenheiten“ zu unterbinden.

Machtlos sind wir gegen die Informationsflut nicht. Die Sozialpsychologin und Diplompädagogin Sabine Wesely berät an der Hochschule Hannover Studierende unter anderem zu Selbst- und Zeitmanagement. Außerdem forscht sie zu Psychologie in Arbeitsprozessen. Sie rät zu gezielter Recherche: Man stelle sich vor der Recherche eine klare Frage. Alles, was nicht direkt diese Frage beantworte, solle man ignorieren und versuchen, sich konsequent nicht ablenken zu lassen.

Die Eisenhower-Box

Wer sich durch Berge von Mails, Twitter- und Facebook-Nachrichten, Whats Apps und andere Meldungen wühle, könne sich an der Eisenhower-Box orientieren. Der ehemalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower traf seine Entscheidung nach einem simplen System: Er sortierte eingehende Informationen und Aufgaben nach „wichtig“ und „weniger wichtig“, nach „dringend“ und „nicht dringend“. Als erstes erledigte er, was er für dringend und wichtig hielt. Dringendes und nicht wichtiges delegierte er an andere. Für das, was für ihn wichtig, aber nicht dringend war, machte er einen Plan für eine spätere Entscheidung. Was weder dringend noch wichtig war, landete umgehend im Papierkorb.

Klingt einfach, ist es aber oft nicht. Wie unterscheide ich denn das Eine vom Anderen? Der US-Ratgeberautor James Clear fragt sich als erstes, ob er eine Aufgabe gleich von seiner To-Do-Liste streichen kann. Wenn sie ihn seinem Ziel und dem Leben nach seinen eigenen Werten nicht weiterbringt, lautet seine Antwort in aller Regel: Ja.

Sinn motiviert zu Konzentration. Ein Ziel auch. Zu hohe Ansprüche lähmen. Deshalb hält Trainerin Sabine Wesely nichts von Perfektionismus. „Es reicht, dass ich mein Bestes gebe.“ Große Aufgaben zerlegt man dazu am besten in überschaubare Schritte. Je kleinteiliger die To-Liste, desto schneller stellt sich ein motivierendes Erfolgserlebnis ein.

Menschen, die sich als gestaltend, als wirksam erleben, verlieren sich nicht so schnell in den vielen Reizen und Informationen, die jeden Tag auf sie einprasseln.

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Die Aufmerksamkeitsökonomie

Eine ganze Industrie hat aus dem Bedürfnis der Menschen nach Kontakt, Einfluss und Selbstwirksamkeit ein Geschäftsmodell entwickelt. Die Aufmerksamkeitsökonomie. Es entstehen Phänomene wie Clickbaiting im Internet. Ich schreibe und poste, was Klicks bringt. Ob es wahr oder für die Empfänger von Bedeutung ist, spielt keine Rolle, Lügengeschichten oder Fake News inklusive.

Um überhaupt noch durchzudringen, müssen die Sender einer Botschaft immer dicker auftragen. Die potenziellen Empfängerinnen und Empfänger stumpfen ab. Der Sender trommelt dann noch lauter. Ein Teufelskreis. Deshalb rät auch Gerald Hüther allen, vor einer Recherche ein Ziel festzulegen und mit einem scharfen Filter nach Informationen zu suchen.

Dazu braucht es eine klare Haltung, also Werte: „Eine Person, die mit sich selbst gut verbunden ist, kann Informationen besser auf ‚auf ihre Bedeutung hin prüfen.

Diese Fähigkeit erreichten Menschen vor allem durch Bildung. Doch Wissen allein reicht nicht, um durch die immer unübersichtlichere Welt zu navigieren. Studien belegen, dass Information allein die Menschen nicht dazu bewegt, sich entsprechend der Erkenntnisse zu verhalten. Die Klimakrise und die drohenden Folgen zum Beispiel sind seit den 70er Jahren bekannt. Die meisten wissen, wie man die Erderhitzung bremsen könnte. Doch sie machen weiter wie bisher. „Es ist experimentell gezeigt worden, dass Menschen in der Lage sind, im Verlauf der Zeit richtige und wichtige Informationen wieder zu verdrängen und zu ihrer ursprünglichen Meinung zurückzukehren, schreibt beispielsweise der Verhaltensökonom Florian Zimmermann in der „Zeit“. Dies gilt umso mehr, wenn Verhaltensänderungen zunächst unbequem erscheinen und negative Konsequenzen des eigenen Tuns scheinbar noch in weiter Ferne liegen.

Die Flut der Negativ-Nachrichten treibt uns in die Hilflosigkeit

Die Mechanismen der Medien und der Aufmerksamkeitsökonomie spielen schlechte Nachrichten nach vorne. Der Grund: Unser Gehirn ist von der Evolution auf die Wahrnehmung von Gefahren programmiert. Wenn zum Beispiel durch ein Naturereignis oder einen Angriff unser Leben bedroht ist, stellt das Gehirn alle anderen Überlegungen oder Reaktionen zurück. Der Körper schüttet Adrenalin aus. Volle Aufmerksamkeit. Der Mensch reagiert auf eine tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung vollautomatisch als Erstes. Dieses Muster nutzen die Medienmacherinnen und Medienmacher für ihre Schlagzeilen. Je katastrophaler die Meldung, desto häufiger wird sie geklickt und gelesen. Negativitätsbias nennt die Hirnforscherin Maren Urner diesen Effekt.

Die vielen dramatisierenden Nachrichten setzen uns unter Dauer-Stress. Das Gefühl, in einer immer schlechteren Welt zu leben und dagegen nichts ausrichten zu können, belaste viele Menschen so sehr, dass sie psychische Krankheiten entwickeln. Die Psychologie nenne diesen lähmenden, dauer-belastenden Zustand „erlernte Hilflosigkeit“. Die Menschen resignieren.

Konstruktiver Journalismus

2016 hat die Neuro-Wissenschaftlerin deshalb mit weiteren Journalist:innen das Internet-Portal „Perspective Daily“ gegründet. Die Geschichten dort prangern Missstände an, liefern aber auch Lösungsvorschläge. „Konstruktiver Journalismus“ nennt sich das Konzept. Das Problem: Differenzierte Hintergrundgeschichten werden deutlich seltener angeklickt als schrille Sensationsmeldungen. Deshalb ist es schwer, damit Geld zu verdienen. Einen Ausweg sieht Urner in einem gemeinnützigen, unabhängigen und werbefreien journalistischen Angebot, für das die Nutzer:innen bezahlen. Als Beispiel für nutzerfinanzierte Medien nennt sie Streaminganbieter wie Netflix oder Spotify. Auch die verkauften ihr Angebot erfolgreich an zahlende Abonnent:innen.

Wer sicher durch die Informationsflut kommen will, braucht einen guten Kompass. Und der richtet sich vor allem nach den eigenen Werten, einer stabilen inneren Haltung und einem klaren Informationsziel. Bleiben Sie zugleich offen für Neues und vertrauen ihrem gesunden, gewachsenen Gefühl, selbst erkennen zu können, was für Sie wirklich wichtig ist!