Wie bist du auf das Zugreisen gekommen?
Ich beschäftige mich schon lange mit nachhaltigem Leben und schaue, was ich dazu im persönlichen Umfeld selbst beitragen kann. Vor rund zwei Jahren begann ich damit, konsequenter als früher die Bahn an erste Stelle zu setzen, wenn es um längere Reisen geht. Das war auch eine Entwicklung. Denn wenn das Auto direkt vor der Tür steht, ist es vermeintlich bequemer, es zu nutzen. Aber ich habe das Zugreisen schließlich für mich als eine Art Abenteuer gesehen, um herauszufinden: Kann ich das Ziel, das ich bereisen will, nicht auch per Zug erreichen? Oder umgekehrt: was kann ich eigentlich gut mit dem Zug erreichen. Als meine Frau und ich damals noch in Frankfurt wohnten, wurde die neue Verbindung mit dem TGV von Frankfurt direkt nach Marseille eingerichtet. Wir haben das getestet, weil es so einfach war und wären sonst vermutlich gar nicht auf die Idee gekommen, eine so weite Strecke mit dem Zug zurückzulegen. Man entdeckt viel Neues dabei und hat eine viel intensivere Erfahrung.

Welche tollen Erfahrungen hast du gemacht?
Wenn ich zum Beispiel zwei Wochen Urlaub habe und eine längere Strecke mit dem Zug fahre, ist das für mich eine wahnsinnige Entschleunigung. Und natürlich ist es auch schön, dass man im Zug oft interessante Begegnungen und Unterhaltungen mit anderen Reisenden hat und flexibel hin- und herlaufen kann. Fahre ich dagegen im Auto, bin ich gestresst beim ersten Stau auf der Autobahn und muss immerzu aufpassen.

Wenn ich fliege, habe ich einerseits den ebenfalls extrem hohen CO2-Fußabdruck, und generell eigentlich immer nur Stress. Man rennt irgendwo hin, um in einer langen Schlange zu stehen, um danach wieder irgendwo anders anzustehen. Das ist einfach kein schönes Reisen. Außerdem ist man eingezwängt. Es sei denn man hat das Geld, in der ersten Klasse zu reisen. Die Flughäfen sind alle wie aus der Retorte: Die gleichen Läden mit denselben Designs. Man hat dann gar nicht ein Gefühl dafür, dass man an einem anderen Ort ist. Gäbe es nicht die Anzeigen, wüsste man nicht, wo man ist.

Ich sehe die Zugreise inzwischen als Teil meines Urlaubs und nicht allein „logistisches Übel“. Es ist viel bequemer. Wenn man relativ früh bucht, lohnt es sich, auch mal bei der ersten Klasse zu gucken, die dann für einen nur geringen Aufschlag zu haben ist. Und wenn der Zug etwas länger braucht, genieße ich trotzdem die Landschaft, an der wir vorbeirollen. Wenn wir umsteigen, sehen wir oft wunderschöne, oft einzigartige Bahnhöfe. Der in Antwerpen sieht komplett anders aus als der in Edinburgh.  

Was hälst du von den Preisen?
Viele sagen, Bahnfahren sei immer noch zu teuer. Deutschlands 49-Euro-Ticket ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es wäre wünschenswert, wenn die Politik den ÖPNV und auch Schnellzüge europaweit mehr subventionieren würde. Vor allem aber müsste das Fliegen die True Costs der Klimaschädigung einpreisen. Groteskerweise ist Fliegen im Laufe der zunehmenden Luftverschmutzung immer billiger geworden. In meiner Jugendzeit kostete ein Flug nach New York noch über 1.000 Deutsche Mark. Inzwischen, trotz mehr als 20 Jahren Inflation, liegen die Preise bei 400 bis 500 Euro. (Fixer Wechselku
rs seit 1.1.1999: 1 EUR = 1,95583 DEM)  Schnäppchen sind noch deutlich billiger. So geht das nicht weiter! Irgendwo muss es Abstriche geben, damit wir den Klimawandeln meistern können! Und in vielen Fällen sind es meiner Erfahrung nach noch nicht einmal Abstriche, sondern Bereicherungen.

Mein Tipp ist, die An- und Abreise als Erlebnis mit einzubauen in die Reiseplanung. Als wir in diesem Juni in Großbritannien waren, haben wir unsere Rückreise von drei Tagen sehr genossen. Vom Norden von Schottland sind wir erst mit dem Zug nach Glasgow gereist und haben die Stadt in Ruhe erkundet. Am nächsten Tag ging es per Zug weiter zum Fährhafen in Newcastle. Am Nachmittag fuhren wir dann mit der Fähre über Nacht zurück nach Amsterdam und von dort mit dem Zug nach Hause. Auf der Fähre hatte ich eine Übernachtung inklusive Frühstück, während ich geschippert wurde. Der vermeintlich hohe Ticketpreis relativiert sich dadurch.

Suchst du bewusst Ziele in der Nähe aus?
Wir versuchen tatsächlich in der Nähe zu bleiben und per Bahn anreisen zu können. Es gibt noch so viele schöne Ziele in der „Nähe“. Vergangenes Jahr waren wir in Wales. Es ging mit dem Eurostar durch den Tunnel und von London weiter bis Manchester. Dieses Jahr waren wir in Schottland. Inzwischen reise ich für Familienbesuche auch per Zug nach Deutschland. Wir planen jetzt im September eine Wanderreise im Bayerischen Wald und im nächsten Jahr eine in Österreich. Anreisen werden wir natürlich auch mit dem Zug. Es macht riesigen Spaß, die nächsten Abenteuer frühzeitig zu planen und neugierig zu sein. Die Vorbereitungen allein bereiten jede Menge Vorfreude.  

Gibt es etwas, das ihr noch ausprobieren möchtet?
Das Nächste, was wir unheimlich gern ausprobieren möchten, ist die Fahrt mit dem Nachtzug. Einfach mal zu gucken, wo kann ich über Nacht überall hinkommen. Mittlerweile gibt es viele neue Nachtzugrouten, zum Beispiel von Hamburg nach Stockholm, von Berlin nach Brüssel, so, dass man auch noch Anschluss nach London mit dem Eurostar hat oder von Osnabrück mit dem Nachtzug von Greencitytrip nach Prag. Warum nicht mal nach Venedig in neun Stunden mit dem ÖBB nightjet von München aus?

Wie funktioniert die Bahn in den Niederlanden?
Ich schätzte sehr, dass die Triodos Bank uns eine Mobilitätskarte zur Verfügung stellt, mit der wir den Nahverkehr im ganzen Land nutzen können. Ein 49-Euro-Ticket gibt es bei uns nicht. Dafür haben wir die Probleme, mit denen die Deutsche Bahn kämpft, wie veraltete Netze und Personalmangel dort weniger. Das System ist in den Niederlanden anders aufgebaut. Du hast eine aufladbare Chip-Karte oder nutzt die glimble Reise-App. Darin integriert sind fast alle öffentlichen Verkehrsmittel in den Niederlanden vom Bus über die Regionalbahn bis zum Euroregio; aber auch das Mieten von Fahrrädern, E-Scootern oder Leihwägen ist damit möglich. Du checkst bei Reisestart ein und am Zielort aus. Der Betrag wird automatisch ermittelt und vom Guthaben abgezogen. Das Netz ist recht dicht und auch ganz gut getaktet. Zugreisen wird so irgendwie spontaner.

Was sind deine Tipps für Bahnreisende?
Lass dich durch die Streckenführung einfach inspirieren. Manchmal kommt man an interessante Zwischenziele, die wunderschön sind, die man sonst nie entdeckt hätte. Einen Tipp hätte ich noch: Interrail kennen viele meines Alters noch als billige Reisevariante für Jugendliche. Heute kann es jede Altersgruppe genießen und für einen Pauschalpreis binnen drei Monaten ein Land intensiv bereisen oder mit dem „Global Pass“ 33 europäische Länder entdecken.

Matthias Wachter,
Content & Community Manager im Headoffice der Triodos Bank

in Driebergen-Rijsenburg nahe Utrecht:  

Ich startete Anfang 2011 bei der Triodos Bank in Deutschland, Frankfurt. Nach fünf  Jahren im dortigen Online Marketing zog ich 2016 als Content und Community Manager für unser Intranet in die Niederlande. Meine Frau und ich fühlen uns absolut heimisch hier. Ich liebe die Natur, das Spazierengehen, Wandern, Radfahren und natürlich das Reisen und freue mich immer über menschliche Begegnungen. Auch die Fotografie spielt eine große Rolle in meiner Freizeitgestaltung.

 

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