Laut dem Living Planet Report des WWF verschlechtern Entwaldung und Klimawandel die bioklimatischen Bedingungen im Amazonasgebiet rapide und drohen, den tropischen Regenwald in Savanne oder Trockenland zu verwandeln. Ein Kipppunkt könnte erreicht sein, wenn 20 bis 25 % des Amazonas abgeholzt werden; 17 % sind bereits verloren. Ebenso könnte eine weit verbreitete Korallenbleiche die Korallenriffe so weit degradieren, dass sie ihre Ökosysteme nicht mehr aufrechterhalten können, was die Nahrungsmittelproduktion, den Lebensunterhalt und den Schutz vor Stürmen für über eine Milliarde Menschen gefährden würde.

Kein Aktionsplan für die biologische Vielfalt

Auf der COP15 wurden im Globalen Biodiversitätsrahmen (GBF) von Kunming und Montreal wichtige Ziele für die biologische Vielfalt festgelegt. Auf der COP16 wird von den Ländern erwartet, dass sie ihre Fortschritte bei der Umsetzung dieser Ziele darlegen, allerdings in Form von nationalen Biodiversitätsstrategien und Aktionsplänen (NBSAP).

Der Erfolg hängt von konkreten Strategien und deren Umsetzung ab. Enttäuschend ist, dass bisher nur etwa ein Drittel der Unterzeichnerstaaten einen Aktionsplan vorgelegt hat, wobei die Niederlande, Belgien, das Vereinigte Königreich und Deutschland besonders untätig sind. Spanien hat einen eher dürftigen Plan vorgelegt, wie der NBSAP-Tracker des WWF feststellt.

Reform der Finanzierung

Um die globalen Biodiversitätsziele zu erreichen, muss der Schwerpunkt sowohl auf der Überwachung als auch auf der Sicherung finanzieller Mittel für die Erhaltung und Wiederherstellung liegen. Auf der COP16 sollen Strategien zur Mobilisierung von Mitteln des Privatsektors für die biologische Vielfalt entwickelt werden. Die Triodos Bank betont, dass sich die Verhandlungspartner nicht nur auf die Erschließung zusätzlicher privater Finanzmittel konzentrieren sollten, sondern auch auf die Reform der öffentlichen und privaten Finanzströme, die den Verlust der biologischen Vielfalt vorantreiben.

Beendigung schädlicher Subventionen

Die Reformierung und Umwidmung umweltschädlicher Subventionen ist von entscheidender Bedeutung. Die Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP FI) schätzt, dass die Regierungen jährlich etwa 1,7 Milliarden US-Dollar für solche Subventionen ausgeben, die stattdessen in die Wiederherstellung der Natur und die Umstellung schädlicher Sektoren umgeleitet werden sollten.

Auf der COP15 wurde vereinbart, diese Subventionen bis 2030 um mindestens 500 Mrd. USD pro Jahr zu reduzieren. Die Triodos Bank fordert alle Länder auf, diese Subventionen in ihren nationalen Biodiversitätsstrategien zu erfassen, zu reduzieren und umzuwidmen, um die globalen Finanzierungsziele zu erreichen und Umweltschäden zu verringern.

Naturumstellungspläne für Unternehmen

Ebenso wichtig ist es, verpflichtende naturbezogenen Umstellungspläne für Unternehmen und den Finanzsektor einzuführen. UNEP FI schätzt, dass jährlich etwa 5 Billionen USD an privaten Finanzmitteln in umweltschädliche Sektoren fließen.

Nach einer Bestandsaufnahme der jeweiligen Auswirkungen und Risiken sollten Unternehmen und Finanzinstitute verpflichtet werden, solide Pläne für den Übergang zur Natur zu erstellen, um das Risiko der Finanzierung des Verlusts der biologischen Vielfalt stark zu begrenzen. Die Regierungen sollten strenge Anforderungen für sektorspezifische schädliche Aktivitäten in Finanzportfolios entwickeln, darunter Abholzung, Massentierhaltung oder Tiefseebergbau.

Ein Systemansatz für die Finanzierung der biologischen Vielfalt ist notwendig, um einen transformativen Wandel voranzutreiben. Robuste öffentliche Anreize sind erforderlich, um langfristige private Investitionen in die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen zu gewährleisten. Dazu können regulatorische Anreize, Steuerreformen, Staatsanleihen, Mischfinanzierungen oder öffentlich-private Partnerschaften gehören, wobei der öffentliche Sektor eine führende Rolle spielen sollte.

Das jüngste Darlehen der Triodos Bank an Avon Needs Trees in Großbritannien zeigt, dass Rahmenwerke wie das britische Biodiversity Net Gain Framework den Banken helfen können, starke naturbasierte Lösungen zu finanzieren. Aber auch direkte öffentliche Investitionen in die Natur sind nach wie vor ein wirksames Mittel zur Finanzierung des Naturschutzes und der Wiederherstellung. Beide Strategien sind für eine wirksame Mobilisierung von Ressourcen erforderlich.

Der Verlust der biologischen Vielfalt ist auch ein soziales Problem

Die kolumbianische Initiative zur Förderung des „Friedens mit der Natur“ unterstreicht die Tatsache, dass der Mensch Teil der Natur ist. Wir brauchen ein neues Modell für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, das auf einer Ethik der Fürsorge beruht. Das Konzept des „Friedens mit der Natur“ auf der COP16 fordert sowohl soziale als auch ökologische Gerechtigkeit, die Gewährleistung der Rechte wichtiger Interessengruppen wie indigener Gemeinschaften und den Schutz von Umweltschützern.

Der Verlust der biologischen Vielfalt ist unbestreitbar auch ein soziales Problem. Ohne einen ganzheitlichen Ansatz und die Berücksichtigung sozialer Gerechtigkeit wird es schwer sein, einen gerechten und dauerhaften Schutz und eine Wiederherstellung der Natur zu gewährleisten. Wir unterstützen daher die Bemühungen Kolumbiens, die COP16 zur „COP der Menschen“ zu machen und sicherzustellen, dass unterrepräsentierte Gruppen wie Jugendliche, indigene Völker und Frauen bei den Verhandlungen eine Stimme haben.

Die Dringlichkeit der Situation erfordert ein entschlossenes Handeln auf der COP16, um die biologische Vielfalt und die Ökosysteme unseres Planeten zu schützen. Wir stehen an einem entscheidenden Punkt, an dem unsere gemeinsamen Beschlüsse die Zukunft des Lebens auf der Erde bestimmen können. Indem wir umfassenden Finanzreformen, der Abschaffung schädlicher Subventionen und der Einführung von Übergangsplänen für Unternehmen Priorität einräumen, können wir die für eine nachhaltige Zukunft erforderlichen systemischen Veränderungen herbeiführen.