Rückblick: Der Umweltversand Waschbär gehörte zu unseren ersten Kreditkunden in Deutschland. Warum unsere gemeinsame Geschichte aber schon viel früher begann und was aus einer Ökoputzkiste so alles werden kann, erzählen wir im Folgenden.

Die ersten Pakete des Umweltversands Waschbär wurden in den 80er Jahren in einer Garage gepackt. Heute steht die große Zentrale und Lagerhalle der Triaz Group, zu denen neben Waschbär mittlerweile auch die Marken Pranahaus, Vivanda und minibär gehören, ganz selbstverständlich zwischen den konventionellen Gewerbebetriebenmitten im Industriegebiet von Freiburg. Von außen lässt das 16.000 Quadratmeter umfassende, schmucklose Gebäude nicht auf sein nachhaltiges und reiches Innenleben schließen. Drinnen lagern auf mehrere Hallen verteilt die Produkte des rund 50.000 Artikelpositionen umfassenden ökosozialen Sortiments der Triaz Group, darunter auch die circa 8.000 nachhaltigen Produkte, die im Online-Shop und im Katalog von Waschbär angeboten werden.

Am Anfang war die Ökoputzkiste
Der Umweltversand ist aus der ökologischen Protestbewegung in Deutschland der 70er und 80er Jahre entstanden. Leo Pröstler, damals Leiter des Freiburger Ökoinstituts, gründete das Unternehmen 1987. „Der Waschbär hat seinen Gründungsimpuls aus dem Bereich Waschen und Putzen. Das erste Produkt, das auf den Markt gekommen ist, war eine Ökoputzkiste“, erzählt Ernst Schütz, der heutige Inhaber und Geschäftsführer der Triaz Group. Der erste Katalog umfasste gerade einmal 16 Seiten. Nach und nach kamen immer mehr umweltfreundliche Produkte und nützliche, ökologische Lösungen für viele Probleme des täglichen Lebens hinzu. Heute ist der Waschbär-Katalog 350 Seiten stark und ermöglicht einen bewussten Konsum in den Bereichen Mode, Wäsche, Schuhe, Schmuck, Wohnen, Kosmetik und Haushalt. Und selbstverständlich werden alle Produkte auch über einen Online-Shop angeboten.

Jedes Produkt hat einen Pass
Ob Duschgel, Stiefel oder Kuscheldecke ─ eines haben alle Produkte gemeinsam, die es bei Waschbär zu kaufen gibt, erklärt Barbara Engel, Leiterin Qualitätsmanagement und Unternehmenskommunikation: „Mit unseren Produkten möchten wir nachhaltiges Handeln im Alltag ermöglichen.“ Damit die Produkte den sozialen und ökologischen Anforderungen des Versandhauses gerecht werden, gibt es speziell an den Sortimentsbereich angepasste, ausführliche Artikelpässe. Diese Pässe hat das Unternehmen über die Jahre selbst entwickelt und stetig verfeinert. Jeder Lieferant muss sie ausfüllen. Die Artikelpässe geben vor, was erlaubt ist und was nicht, je nach Warengruppe.

Bestimmte gesundheitlich oder ökologisch bedenkliche Stoffe, zum Beispiel PVC, sind in keinem bei Waschbär erhältlichen Produkt zu finden. Zudem spielen eine hohe Qualität und die Langlebigkeit eine zentrale Rolle. Und für jeden Artikel in allen Sortimentsbereich gelte, dass soziale Arbeitsbedingungen abgefragt würden, betont Engel. Auch Küchenwerkzeuge und -geräte bietet Waschbär an, denn „Zu einem nachhaltigen Leben gehört auch, dass die Menschen wieder mehr selbst kochen und nicht zu Convenience-Produkten greifen. Unter diesem Aspekt ist auch eine Muskatmühle nachhaltig! Hohe Qualität und Langlebigkeit der Mühle vorausgesetzt!” sagt Barbara Engel.

Faire Mode von Waschbär
Die Textilprodukte von Waschbär gehören zu den Produktgruppen, die hinsichtlich ihrer ökosozialen Standards sehr weit ausgereift sind. Der Artikelpass für Textilien fragt die komplette textile Kette von der Herkunft des Rohstoffs über die Verarbeitung bis hin zur Abwasserentsorgung ab. Ein wichtiger Bestandteil ist auch hier die Einhaltung sozialer Arbeitsbedingungen. „Bei Textilien haben wir sehr viel Handarbeit. Da sind viele Menschen beteiligt“, so Engel. Das unterscheide diese Warengruppe von Hartwaren, die häufig aus maschinengesteuerter Produktion stammen. Um soziale Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion zu gewährleisten, werden soziale Audits vor Ort durchgeführt; viele Produktionsstandorte kennen die Waschbär-Einkäuferinnen persönlich. Seit 2011 arbeitet die Triaz Group mit der Fair Wear Foundation zusammen, einer internationalen Organisation, die sich für bessere Arbeitsbedingungen von Textilarbeiterinnen und -arbeitern auf der ganzen Welt engagiert.

Mode exklusiv von Waschbär
Es herrscht geschäftiges, aber kein hektisches Treiben im Lager. Mitarbeiter, die für die Konfektionierung der Bestellungen zuständig sind, schieben Wagen durch die langen Regalgänge und suchen die erforderlichen Produkte zusammen. Auf den Förderbändern in der Halle, in der die Bestellungen der Kunden konfektioniert werden, gleiten noch unverschlossene Pakete und Päckchen in unterschiedlichen Größen vorbei. In den Kartons aus Recyclingpapier liegt ein buntes Sammelsurium aus Produkten von der Backform über den Universalreiniger bis hin zur Wimperntusche, und meistens auch T-Shirts, Kleider und andere Textilien. Denn das Modesortiment, mit dem der Umweltversand 1995 begann, ist heute die wichtigste und umsatzstärkste Warengruppe von Waschbär. Eine hauseigene Designabteilung entwirft die Kollektion, die exklusiv bei Waschbär erhältlich ist und den Großteil des Modeangebots ausmacht.

Aller Anfang ist schwer
Doch die Kombination Mode und Waschbär war nicht von Anfang an eine Erfolgsgeschichte. Wer ins Geschäft mit der Mode einsteigt, brauche einen langen Atem und ein gutes finanzielles Polster, erklärt Ernst Schütz. Die langen Vorlaufzeiten, die Vorfinanzierung der Kollektion und die anfangs noch unzureichenden Kenntnisse der Kundengeschmäcker hätten den damaligen Geschäftsführern schwer zu schaffen gemacht. Und es fehlte das Textil-Know-how, für das sie sich im Jahr 2000 Ernst Schütz als Geschäftsführer für den Bereich Marketing und Textileinkauf ins Unternehmen holten; der gebürtige Schweizer war davor viele Jahre lang bei hessnatur tätig gewesen und hatte für das Unternehmen das Geschäft in der Schweiz und in Österreich aufgebaut.

Wie der Waschbär zur Triodos Bank fand
Es waren die Menschen, die Schütz für Waschbär begeistert haben. „Ich musste dann aber feststellen, dass es bei den Zahlen ziemlich im Argen lag. Und die Zeit hat nicht gereicht, das Ruder rumzureißen“, erzählt er. 2001 musste das Unternehmen schließlich Insolvenz anmelden, Schütz wurde vom Insolvenzverwalter als neuer, alleiniger Geschäftsführer beauftragt, die Geschäfte weiterzuführen und neue Investoren für die Zukunft zu suchen. Und so begann die bis heute dauernde Zusammenarbeit zwischen der Triodos Bank und Waschbär. Die deutsche Niederlassung der Triodos Bank gab es damals in Deutschland noch nicht. Aber bei der Beteiligungsgesellschaft von Triodos in den Niederlanden hatte man von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Waschbär gehört und interessierte sich für ein Investment. Schließlich erwarb der Triodos Venture Capital Fund 95 Prozent des Unternehmens und ermöglichte so das Fortbestehen des Umweltversands, der im letzten Jahr seinen 25. Geburtstag feiern konnte und heute 60 Prozent des gesamten Umsatzes der Triaz Group ausmacht.

Im Mittelpunkt steht der Mensch
„Wir haben uns über die Werte verstanden, aber es war auch eine sehr persönliche Angelegenheit. Wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir uns gegenseitig vertrauen können. Für mich ist die persönliche Vertrauensbeziehung die Grundlage, das Vertragliche kommt danach.“ Das sagt Ernst Schütz über die Zusammenarbeit mit der Triodos Bank, die ihm große gestalterische Freiheit gegeben habe, damit er das Unternehmen nach seinen Vorstellungen weiterentwickeln konnte. Zu diesen Vorstellungen gehört eine klare Ausrichtung an den Menschen. „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Ohne den Menschen müsste man nichts tun“, ist Schütz überzeugt. Das Wirtschaftsleben müsse für den Menschen da sein und nicht umgekehrt. Dazu gehöre auch, dass man gern zur Arbeit gehe. „Ich gebe Freiräume und lasse Freiräume. Wenn man Unternehmer ist, dann hat man eigentlich den Duktus, jeden freien Raum sofort zu füllen. Freiräume zu lassen und auch Dinge bei Mitarbeitern entstehen zu lassen ist aber eine ganz wichtige Sache“, erklärt der Unternehmer mit den wachen und freundlichen Augen weiter. Mit dieser am Menschen orientierten Haltung hat er es damals in der Insolvenzphase auch geschafft, keinen einzigen Mitarbeiter zu entlassen.

Ernst Schütz möchte etwas bewegen
Nach dem Einstieg der Triodos Bank ins Unternehmen konnte Ernst Schütz das Ruder in nur wenigen Jahren herumreißen. Bereits 2006 kaufte er die Anteile von der Triodos Bank zurück, seitdem ist er geschäftsführender Alleininhaber. Geplant war das nicht. „Mir stand nie der Gedanke nach Eigentum. Die Gestaltung ist mir wichtig. Und gestalten kann man in verschiedenen Verhältnissen“, so Schütz. Dass er aktiv etwas bewegen und nicht nur reden möchte, hat er schon sehr früh entdeckt. Direkt nach dem Gymnasium war er als einer der ersten Streetworker in der Schweiz tätig und kümmerte sich um Jugendliche mit Drogen- und Alkoholproblemen. Danach machte er eine Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister und arbeitete eine Zeitlang in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Bevor er für hessnatur tätig war, arbeitete er als Selbstständiger im Textilbereich.

Waschbär wächst und nimmt andere mit
Dass die vielen, kleinen Schritte Sinn haben und nach und nach mehr Nachhaltigkeit in den Konsum bringen, zeigen nicht nur die rund 1,3 Millionen Pakete, die die Triaz Group mittlerweile pro Jahr ─ selbstverständlich CO₂-neutral ─ verschickt. Auch bei den Lieferanten, mit denen das Unternehmen zusammenarbeitet, bewegt sich viel durch das Engagement von Schütz und seinem Team. „Die Produzenten wachsen mit uns mit. Sie merken, es lohnt sich. Es ist eine starke Motivationsfeder, wenn die Menschen sehen, dass es erfolgreich ist, korrekt zu sein und nicht nur auf den reinen Profit zu achten“, erzählt der Triaz Chef. Und manches Produkt gäbe es heute vielleicht gar nicht, wäre es nicht durch eine Listung bei Waschbär bekannt geworden. Ein Beispiel ist die Marke Beeta, unter der ein Reinigungsmittelsortiment auf der Basis von Roter Bete angeboten wird. Stefanie Münch, Einkäuferin bei Waschbär für den Bereich Haushaltwaren, hatte das Ausgangsprodukt 2005 auf einer Messe entdeckt; die Aufnahme ins Waschbär-Sortiment ermöglichte es dem Familienunternehmen Parsch, die Beeta-Range zur Marktreife zu bringen.

Ernst Schütz sieht sich als Pionier, der dafür sorgt, dass die Dinge immer wieder neu in Bewegung kommen. Momentan interessiert ihn ganz besonders die Beziehung zwischen Wirtschaftsleben und Gesellschaft. „Wie organisiert man ein Wirtschaftsleben, das nicht nur dem dient, der alles hat, sondern wie dient es auch denen, die darin arbeiten?“ Die Beantwortung dieser Frage könnte ein neues Kapitel in der langjährigen gemeinsamen Geschichte von Waschbär und der Triodos Bank werden. Fortsetzung folgt.

Waschbär und Triodos Bank
Waschbär war einer der ersten Kreditkunden der deutschen Niederlassung der Triodos Bank. Wir unterstützen den Umweltversand mit einem Betriebsmittelkredit. Derzeit plant der Geschäftsführer Ernst Schütz einen Neubau für den Umzug der Triaz Group, die mit derzeitigen Wachstumsraten von über 20 Prozent einen neuen Standort benötigt. Die Triodos Bank möchte an diesem Projekt ebenfalls mit einem Kredit beteiligt sein. Auch jenseits des Themas Finanzierung sind wir im Rahmen unseres Organic Growth Fund im Gespräch mit Ernst Schütz. Dieser neue Fonds, der derzeit bei der Triodos Bank in Planung ist, soll Investoren eine Beteiligung an nachhaltigen Unternehmen ermöglichen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Unternehmen im Sinne ihrer originären Philosophie weitergeführt werden können.